Exkursion an jüdische Orte in der Stadt Aschaffenburg, 01.08.2012

Begrüßung auf dem Wolfsthalplatz, Foto: Rebekka Denz
Erinnerungsort Wolfsthalplatz, Foto: Rebekka Denz
Im Museum jüdische Geschichte und Kultur Aschaffenburg, Foto: Rebekka Denz
Sonderausstellung im Museum jüdische Geschichte und Kultur, Foto: Axel Töllner
Trauerhalle Aschaffenburg (Altstadtfriedhof), Foto: Rebekka Denz
In der Trauerhalle Aschaffenburg, Foto: Rebekka Denz
Auf dem jüdischen Friedhof, Foto: Rebekka Denz
Der jüdische Friedhof, Foto: Rebekka Denz
Erläuterung einer Grabinschrift, Foto: Josef Laudenbacher
Erläuterung einer Grabinschrift, Foto: Rebekka Denz
Torahwimpel, Foto: Inge Scheffler
Modell der ehemaligen Synagoge, Foto: Inge Scheffler

Die Exkursion auf jüdischen Spuren in der Stadt Aschaffenburg fand am Mittwoch, 01. August 2012 statt. Besichtigt wurden das Museum jüdische Geschichte und Kultur am Wolfsthalplatz, die Sonderausstellung "Textiles Gedächtnis. Neue Funde zur jüdischen Vergangenheit in Aschaffenburg" und der jüdische Friedhof mit Trauerhalle auf dem Altstadtfriedhof.

Gegen 14 Uhr trafen die Exkursionsteilnehmer am Wolfsthalplatz ein. Die Gruppe wurde von den Veranstalterinnen Frau Rebekka Denz, Projektmanagerin des Kooperationsprojekts Landjudentum in Unterfranken, und Frau Anja Lippert, Sachgebietsleiterin Stadtgeschichte / Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Aschaffenburg und Mitglied im Arbeitskreis Landjudentum in Unterfranken, begrüßt. Einleitend umriss Frau Lippert die Geschichte der jüdischen Gemeinde Aschaffenburgs, deren Mitgliederzahlen im Zuge des 19. Jahrhunderts auf bis zu 700 Personen anwuchs. Sie stellte eine der größten Gemeinden im heutigen Bundesland Bayern dar. Am heutigen Wolfsthalplatz befand sich die 1893 eröffnete neue Synagoge und das Rabbinatshaus, in dem sich heute das Museum jüdische Geschichte und Kultur befindet. Die neue Synagoge wurde im November 1938 zerstört und im Frühjahr 1939 vollständig abgerissen. Heute ist der Platz ein Gedenkort. Lippert betonte, dass in der Stadt Aschaffenburg früher als in anderen Orten eine aktive, im städtischen Raum sichtbare Erinnerungsarbeit an die NS-Verfolgung der jüdischen Bürger einsetzte. Bereits auf der fünften Stadtratssitzung im Februar 1946 wurde die Neugestaltung des ehemaligen Synagogenplatzes besprochen. Vor 1950 wurde ein erster Gedenkstein auf dem Platz aufgestellt. 1978 wurden erstmals von der Stadt Aschaffenburg ehemalige jüdische Bürger eingeladen. An den Besuchstagen nahmen Historiker teil, die im Anschluss mit der Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Aschaffenburgs begannen. 1984 mündete ihrer Arbeit in der Eröffnung der Dauerausstellung im damaligen Jüdischen Dokumentationszentrum, dem heutigen Museum jüdische Geschichte und Kultur. Zeitgleich wurde der Wolfsthalplatz, benannt nach einem jüdischen Bankier, neu gestaltet. Ein zweiter Gedenkstein wurde aufgestellt.

Frau Lippert führte die Gruppe in das jüdische Museum und stellte die Dauerausstellung vor. Auch ein Teil der Sonderausstellung „Textiles Gedächtnis. Neue Funde zur jüdischen Vergangenheit in Aschaffenburg” ist momentan hier zu sehen.

Die rund 50köpfige Exkursionsgruppe teilte sich nun in zwei Gruppen auf. Eine Gruppe ging mit Herrn Oded Zingher auf den jüdischen Friedhof (Altstadtfriedhof). Die zweite Gruppe wurde von Frau Lippert in die Sonderausstellung „Textiles Gedächtnis” im Schloss Johannisburg geführt. Beide Gruppen trafen sich später zum „fliegenden Wechsel” am Schloss Johannisburg.

Auf dem jüdischen Friedhof besuchte die Gruppe zunächst die schön restaurierte Trauerhalle, die um 1900 errichtet wurde. Herr Zingher erläuterte hier nicht nur die jüdischen Trauer- und Bestattungsriten, sondern lieferte – ganz allgemein – eine Einführung in die jüdische Religion und Kultur. Auf dem Friedhof selbst erklärte er anhand ausgewählter Beispiele den Aufbau, die Inhalte und die Symbolik der Grabsteine. Er verdeutlichte anschaulich, welch wertvolle Informationen den hebräischen und deutschen Grabinschriften für die örtliche jüdische Geschichte zu entnehmen sind.

Im Schloss Johannisburg kam die Gruppe in den Genuss, von der Ausstellungmacherin Frau Lippert persönlich durch die Ausstellung geleitet zu werden. Die rund 100 sensationellen Objekte der jüdischen Kulturgeschichte wurden 2007 wiedergefunden. Sie können in Zukunft der weiteren Rekonstruktion und Illustration der jüdischen Geschichte Aschaffenburgs dienen. Das Herzstück der Ausstellung sind 27 Torahwimpel. Diese textilen Funde sind aus jeweils vier Stücken zusammengesetzt. Der Stoff ist wiederverwendet, den ursprünglich diente er als Windel bei der Beschneidung (Hebräisch: Brit Mila) eines männlichen Babys. Die Torahwimpel sind bestickt bzw. ab dem 19. Jahrhundert bemalt. Man liest auf ihm in Hebräisch den Namen des Kindes, den Namen des Vaters, das Geburtsdatum und einen Spruch: „Er möge heranwachsen zur Tora, zur Chuppa (Hebräisch für: Traubaldachin) und zu guten Taten.” Der jüdische Junge schenkt seinen Torahwimpel der jüdischen Gemeinde beim ersten Besuch der Synagoge mit seinem Vater im Alter von ein bis drei Jahren. Frau Lippert erläuterte am Beispiel der Funde nicht nur die Funktion und Besonderheit der Torahwimpel, sondern vertiefte bei den Teilnehmern das Wissen über die jüdische Geschichte in Aschaffenburg im Allgemeinen.

Die Exkursion endete gegen 17 Uhr.

63739 Aschaffenburg
Start: 
Wednesday, 1. August 2012