Erste Tagesexkursion an jüdische Orte im Landkreis Haßberge, 09.09.2012

Judenhof in Wonfurt, Foto: Rebekka Denz
Synagoge im Judenhof Wonfurt, Foto: Rebekka Denz
Jüdischer Friedhof Kleinsteinach, Foto: Jesko Graf zu Dohna
Jüdischer Friedhof Kleinsteinach, Foto: Rebekka Denz
Taharahaus Friedhof Kleinsteinach, Foto: Rebekka Denz
Taharahtisch Friedhof Kleinsteinach, Foto: Rebekka Denz
Jüdische Schule Kleinsteinach, Foto: Rebekka Denz
Jüdisches Lehrerhaus Kleinsteinach, Foto: Rebekka Denz
Synagoge Aidhausen, Frontansicht, Foto: Rebekka Denz
Synagoge Aidhausen, Seitenansicht, Foto: Rebekka Denz
Plan der ehemaligen jüdischen Häuser, Aidhausen, Foto: Jesko Graf zu Dohna
In Aidhausen, Foto: Inge Scheffler

Die erste Tagesexkursion durch den Landkreis Haßberge fand am Sonntag, 09. September 2012 statt. Sie führte von Wonfurt über Kleinsteinach bis nach Aidhausen. Über die Exkursion wurde ein Film erstellt, den Sie kostenlos bestellen können. Senden Sie hierfür eine E-Mail mit Ihren Adressdaten an info@weinwaldwasser.de.

Um kurz nach 12 Uhr startete der Reisebus in Richtung Wonfurt. Herr Thomas Schindler begann seine Führung am Schloss mit einer allgemeinen Einführung in die jüdische Geschichte Wonfurts. Rund 300 Jahre lang lebten Juden im Dorf. 1907 löste sich die dortige jüdische Kultusgemeinde aufgrund der anhaltenden Abwanderung der Juden in die Städte auf. Einige in Wonfurt verbliebene jüdische Familien gehörten fortan zur jüdischen Gemeinde in Haßfurt. Der Archivar aus Haßfurt führte die Reisegruppe am früheren Standort der Mikwe vorbei hin zum ehemaligen Judenhof. In diesem Gebäudeensemble befand sich auch die Synagoge, die heute umgebaut als Wohnhaus genutzt wird.

Nun wurde die nächste Station des Ausfluges angesteuert. Auf dem jüdischen Friedhof in Kleinsteinach wurde die Gruppe von Herrn Israel Schwierz erwartet. Schwierz und Schindler boten hier im Rahmen des Tages des offenen Denkmals eine öffentliche Führung an, der sich die rund 30-köpfige Exkursionsgruppe anschloss. Herr Schindler eröffnete die Führung mit einer historischen Einführung zur Begräbnisstätte. Im Anschluss ergriff Herr Schwierz das Wort und erläuterte anschaulich das Themenfeld Sterben, Tod und Bestattungsriten im Judentum in Israel und der Diaspora. Der Friedhof in Kleinsteinach diente als Verbandsfriedhof vieler jüdischer Gemeinden. Verstorbene aus u. a. Friesenhausen, Haßfurt, Hofheim, Westheim, Schonungen, Knetzgau, Schweinshaupten, Aidhausen, Wonfurt, Remlingen, Lendershausen, Zeil wurden hier bestattet. Der älteste erhaltene Grabstein stammt aus dem Jahr 1596. Bis heute steht auf dem Begräbnisplatz ein sorgfältig renoviertes Taharahaus, das vermutlich im 18. Jahrhundert erbaut wurde.

Die Reisegruppe spazierte weiter in die Ortsmitte Kleinsteinachs. Bürgermeisterin Bayer, Frau Kneuer und Herr Brünner führten auf den Spuren jüdischen Lebens im Ort. Ab 1699 lässt sich hier jüdische Ansiedlung nachweisen. Um 1813/14 war etwas mehr als ein Drittel der Dorfbevölkerung jüdisch. Die jüdische Gemeinde bestand bis zur Deportation 1942. Keiner der Deportierten aus Kleinsteinach hat die Shoah überlebt, einige Juden retteten in der Nazizeit durch die Emigration nach England, Argentinien und die USA ihr Leben. Die drei Ortskundigen führten die Exkursionsgruppe in die ehemalige jüdische Schule, die heute von der evangelischen Kirche genutzt wird. Auf dem Weg dorthin wiesen sie bei vielen Häusern darauf hin, dass dort Juden gelebt haben. Frau Kneuer erläuterte in der jüdischen Schule ihre Arbeiten an einem Vorkonzept für ein in Kleinsteinach geplantes Museum, das sich der jüdischen Geschichte widmen wird. Das Museum wird im ehemaligen Lehrerwohnhaus in Kleinsteinach eingerichtet. Die Gruppe ging weiter zum ehemaligen Standort der Synagoge, von der heute kaum noch bauliche Spuren sichtbar sind. Auch das frisch renovierte Lehrerwohnhaus aus dem 18. Jahrhundert wurde von der Gruppe besichtigt, bevor die wohl verdiente Kaffeepause eingelegt wurde.

Frisch gestärkt ging es weiter nach Aidhausen. Bürgermeister Möhring begrüßte die Gruppe, die von der Archivarin Frau Christine Fuhl durch den Ort geleitet wurde. Die Anfänge jüdischer Siedlung sind unklar, 1580 soll eine jüdische Familie längerfristig in Aidhausen seßhaft gewesen sein. Die Dorfordnung von 1595 weist darauf hin, dass in Aidhausen Juden lebten. Als gesichert gilt, dass es ab dem Ende des 16. Jahrhunderts bis 1942 eine jüdische Gemeinde in Aidhausen gab. 16 Juden wurden aus Aidhausen nach Izbica und Theresienstadt deportiert, eine jüdische Frau überlebte die Shoah. Frau Fuhl führte die Gruppe vor die ehemalige Synagoge, die heute in Privatbesitz ist. Kenntnisreich beschrieb sie weitere jüdische Gemeindeeinrichtungen, die es im Ort gab: eine jüdische Schule, ein Lehrerwohnhaus und eine Mikwe. Die Archivarin nannte auch die "Samuelsche Wohltätigkeitsstiftung", die bis zur Zeit des Nationalsozialismus als jüdische Stiftung arbeitete. Ähnlich wie bereits in Kleinsteinach erfuhr die Gruppe in welchen Häusern einst jüdische Familien gelebt haben. In Aidhausen waren es 17 bis 19 Häusern.

In Aidhausen endete die Tagesfahrt, der Reisebus erreichte gegen 18 Uhr den Startpunkt Bahnhof Haßfurt.
 

 

97539 Wonfurt
97519 Kleinsteinach
97491 Aidhausen
Start: 
Sonntag, 9. September 2012